Querfunk in Not
Stadtleben // Artikel vom 24.07.2007
Roger Waltz sprach mit der Geschäftsführerin des Freien Radios, Stefanie Kühn.
INKA: Querfunk sendet seit 1995. Wie seht ihr euch selbst nach zwölf Jahren des Radiomachens?
Stefanie Kühn: Das ist schwer zu beantworten, dafür ist dieses Radio viel zu inhomogen und birgt zu viele Aspekte, die von politischer Aufklärungsarbeit bis zur Erfreuung der Menschen mittels Musik reichen. Wir hören aber bei Studioführungen oder bei den monatlichen Einführungsworkshops immer wieder, dass die Leute dankbar sind, dass es Querfunk gibt, weil sie die anderen Sender oftmals nur ertragen können und sich in deren Programm nicht wiederfinden. Die Kommentare sind dann oft eindeutig: Weil die meisten der herkömmlichen Radiosender wegen der Werbung auf die Einschaltquoten achten müssen und möglichst wenig Anlass zum Abschalten bieten wollen, normiert sich deren Programm immer mehr. Querfunk als Freies Radio ohne Werbung kann da nur mit den Schultern zucken. Wir bieten bewusst eine Vielfalt an Spartenprogrammen an, die dann allerdings gelegentlich auch mal zum Abschalten anregen. Aber das ist eben ein zentraler Aspekt von bewusstem Radiohören.
INKA: 2006 bei eurem elften Geburtstag hattet ihr ernsthaften Ärger mit eurer Aufsichtsbehörde, der LfK. Was ist daraus geworden?
Kühn: Da hat sich leider nichts geändert. Wir hatten ja im Oktober 2004 zwei Sendungen vom Sendeplan gestrichen, weil sie fortgesetzt und uneinsichtig diskriminierende Inhalte verbreitet hatten. Seit April 2006 wird uns nun von der LfK vorgeworfen, wir hätten die Sendungen zu Unrecht ausgeschlossen. Und seit Januar 2007 haben wir das schriftlich per behördlichem Bescheid. In diesem schreibt uns die LfK vor, dass Sendungsmachende bei Querfunk das Recht haben müssten, sechzig Minuten lang "kritiklos" diskriminierende Inhalte zu verbreiten, solange eine "berichtende Rolle gewahrt" bleibe: Etwa wenn "kritiklos" ein "Buch präsentiert" werde, in dem dann stehe, dass Frauen für bestimmte Berufe wie Forstwirtschaftlerin, Fernfahrerin, Großviehhalterin oder Hochseefischerin aus irgendwelchen genetischen, hormonellen oder angeborenen psychischen Umständen heraus ungeeignet seien. Oder dass die "unzähligen Klagen von Frauen über sexuelle Belästigung zu einer wachsenden Kluft zwischen den Geschlechtern führen" werden. Oder dass Feminismus der "Versuch von Frauen" sei, "die keinen Mann für sich gewinnen konnten, sich an ihren glücklichen Schwestern zu rächen". Unsere Aufsichtsbehörde verlangt allen Ernstes von uns, dass Querfunk so etwas ausstrahlt. Wir sind aber nicht dazu da, dass Einzelpersonen ihren Frauenhass verbreiten, sondern haben klare Programmstatuten, die sich entschieden gegen jede Form von Diskriminierung richten. Und es ist wirklich bizarr, dass Querfunk als kleines Radio gegen eine große Behörde vorgehen muss, weil diese ihn zu sexistischen Handlungen zwingen will, denn in dem Bescheid vom Januar 2007 hat die LfK einschneidende Auflagen verhängt.
INKA: Weshalb handelt die LfK eurer Meinung nach so und wie sehen eure nächsten konkreten Schritte jetzt aus?
Kühn: Wir haben da nur Vermutungen. Fakt ist aber, dass wir von der LfK willkürlich als fehlerhaft, unattraktiv und nicht zugangsoffen dargestellt werden. Fakt ist auch, dass die LfK die Sendelizenzen vergibt. Und dass Querfunk sich im Oktober 2007 auf die morgendlichen Sendezeiten des insolventen Radio aus Bruchsal, das zusammen mit Querfunk auf der 104,8 MHz gesendet hatte, bewerben wird. Zusammen mit anderen – und dann wird es bei der Vergabe darauf ankommen, wer in den Augen der LfK als seriöser, attraktiver und zugangsoffener gilt. Als konkreten ersten Schritt fechten wir deshalb zur Zeit den Bescheid vom Januar 2007 an.
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