Flop Five städtischer Planung & Investitionen II

Stadtleben // Artikel vom 02.11.2021

Schlendert man durch die Stadt und blickt aufmerksam auf die aktuelle Stadtgestaltung, fällt einem so allerhand auf.

Im Nachgang zu unserer ersten „Flop Five“-Liste: An der Christuskirche wurde ein städtischer Mitarbeiter mit Blumenzwiebeln gesichtet! Was er damit tat, konnte aber noch nicht verifiziert werden. Etwas im Verborgenen offenbar. Den großen Platz vor der Kirche mit einem Brunnen und ein paar Bänken zu versehen, sollte doch ein Leichtes sein. Warum nicht aus den Erlösen des ja sicher zum Verkauf stehenden alten Konservatoriumsgebäudes querfinanzieren?

Ein Vorschlag mehr, Gewinne, die mit städtischem Eigentum erzielt werden, zumindest teilweise zu resozialisieren. Die SPD-nahe GEM hat auch da ein neues Geschäftsmodell entdeckt: Schlecht zu vermarktende Flächen in der Gablonzerstraße sollen mit städtischer Unterstützung urban gemacht und eventuell kulturell genutzt werden. In der Nordstadt wurden den Graffitikünstlern der Combo sogar Dosen finanziert, damit diese das Gelände um den NCO-Club herum nochmals aufhübschen, bevor es abgerissen wird. Derzeit kann man also auch im Karlsruher Norden schön spazieren gehen und einen Abstecher vom oder zum alten Flugplatz machen.

Aber zurück zu einem anderen großen Kirchplatz: dem der katholischen Kirche St. Stephan. Große Flächen Stein um den Spielplatz und die Gastronomie am Kammertheater herum, eine Steinwüste mit verwahrlosten Pflanzkübeln. Für Wasser fehlt wohl das Geld. Soll die barmherzige Bürgerschaft doch spenden. Oder selber gießen. Oder beides. Liebe StadtplanerInnen, liebes Gartenbauamt, es wäre an der Zeit, sich hier einzubringen und der Innenstadt einen grüneren, aufenthaltsfreundlicheren Platz zu spendieren! Angesichts des wegen seines aufgeblähten Investitionshaushalts und nicht wegen Corona unter Aufsicht stehenden Haushalts der Stadt und den undiskutierten Folgen der astronomischen U-Strab-Unterhaltskosten von 30 bis 50 Mio. im Jahr sicherlich ein kleiner Klecks auf der Wurstkarte. Die ganze City hätte was davon.

Mein persönlicher Top-Flop unter den Five aber sind die Vorgänge beim Berckholtzstift in der Geranien-/Weinbrennerstraße in der Weststadt. Wie in zahlreichen INKA-Ausgaben nachzulesen, machte ich mich dort für den Erhalt einer kleinen Frischluftschneise stark. Zahllose Mails und Telefonate mit Stadtplanungsamts-Leiterin Anke Karmann-Wössner und Frau Monika „Paragraf 34 Sie haben keine Rechte und welche sie nicht haben, erfahren sie auch nicht“ Regner später wurde die Blockrandbebauung, die die Stadt angewiesen hatte, allen Ernstes umgesetzt. Ohne Not. Es war zwei Jahre Zeit, die Planungen etwas anzupassen. Ich wohne dort nicht mehr, aber da, wo sich lange mein Arbeitszimmer befand, klafft nun eine Lücke in der Blockrandbebauung: Statt die Frischluftschneise zu erhalten, wurde nun ein Loch in der Bebauung gelassen, damit die Heimbewohner nicht ersticken im Sommer. Wohlgemerkt: Der Investor, der hier „Unter Gottes Segen“ (so die BNN-Advertorials zum Thema) ein Altersheim neu baute, benötige weniger Platz als zu vor – nicht mehr. Bettina Lisbach kann sich auf die Schulter klopfen, denn sie meinte, sie habe Schlimmeres verhindert? Nun, schlimmer kann man das ökologische Nichtstun und die Verwahrlosung in puncto Stadtökologie in der Tat kaum belegen.

Bei den Diskussionen um die neue Turmbergbahn wurde evident, dass städtische Gesellschaften am Gemeinderat und dem Gemeinwohl vorbeiagieren und sich dabei dann der Unterstützung städtischer Dienststellen zumeist sicher sein dürfen. Ein krass undemokratischer Vorgang. Nun wiederholt er sich in der Boeckhstraße in der Südweststadt: Dort installierten die Stadtwerke ohne jede Rücksicht auf die Erhaltungssatzung und den Ensembleschutz der Jugendstilhäuser metallische Leuchten, die grob ins Stadtbild eingreifen. Als gäbe es in Karlsruhe noch zahllose dieser Bauten am Stück zu erleben. Sie sind Gegenstand zahlreicher Stadtführungen. Nun können sie den KIT-Architektur-StudentInnen als Mahnmal für eine mutwillige Verschandelung des Stadtbilds dienen. Ach so: Weder Gemeinderat noch Bürgerverein noch irgendwer wurden hier überhaupt gefragt, wie sie das denn so finden.

Nehme ich einen anderen Laufweg ins INKA-Büro, schlendere ich ebenfalls durch Schluchten aus Stein und Beton: Von der Südendstraße bis zur Städtischen Galerie und dem ZKM-Vorplatz samt seiner Anbindung an die Brauerstraße: riesige breite Steinwüsten. Als gäbe es kein Morgen. Wahnsinn. Das ZKM ist das weltweite Aushängeschild der Stadt – das Entree ist von allen Seiten zugebaut – und die riesigen Paradierplätze aus Schotter und Stein ein weiteres elend-trübes Kapitel Stadtgestaltung. Liebe Stadtplanung, liebes Gartenbauamt: Bitte übernehmen!

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