Ukraine und Staatstheater: „Hohe Auflösung“
Bühne & Klassik // Artikel vom 09.06.2014
Lange vor der Eskalation der Ereignisse verarbeitete der Ukrainer Dmytro Ternovyi die politischen Verhältnisse in seiner Heimat im Stück „Hohe Auflösung“.
Der erfolgreiche Musiker Andrej erfährt am eigenen Leib, wie schwierig es ist, aus der Ukraine auszureisen, um in der EU Konzerte zu spielen. Mit „Hohe Auflösung“ gewann Ternovyi den Dramenwettbewerb „Über Grenzen sprechen“. Friedemann Dupelius hat Dmytro Ternovyi und Staatstheater-Dramaturg Michael Gmaj zu einem Gespräch getroffen, das bereits im Februar anlässlich einer szenischen Lesung des Stücks stattfand.
INKA: Auf welche Weise sind Sie in der Ukraine politisch aktiv?
Dmytro Ternovyi: Wir tun, so viel wir können – wir gehen auf den Maidan, auch auf die Plätze in meiner Heimatstadt Charkiw. Bei uns gibt es keine freien Medien, viele Menschen verstehen nicht richtig, was in Kiew geschieht. Aber es gibt Situationen, in denen niemand in einem Land nur dasitzen und nichts tun kann. Wir müssen jetzt etwas für unsere Zukunft tun und können uns nicht aus der Geschichtsschreibung heraushalten. Mit unseren heutigen Taten gestalten wir die Zukunft.
INKA: Welchen Eindruck haben Sie vom deutschen Publikum und seinem Interesse für die Situation in der Ukraine?
Ternovyi: Ich bin wirklich beeindruckt, wie viel Interesse für die aktuelle Lage besteht. Es bedeutet uns viel, dass die meisten Leute nach der Lesung zur Diskussion geblieben sind und viele Fragen gestellt haben. Wir wollen, dass sie verstehen, was in unserem Land geschieht – jetzt haben wir ihre Unterstützung erlebt, das ist großartig.
INKA: Inwiefern kann ein solches Theaterstück Ihrer Meinung nach politische Prozesse beeinflussen?
Ternovyi: Ich weiß nicht, ob und wie das direkt geschehen kann. Es kann sein, dass die Leute die politische Situation anders betrachten, wenn sie das Stück gesehen haben. Für das deutsche Publikum erhoffe ich mir, dass das Stück ihnen hilft, die Situation in der Ukraine besser zu verstehen. Das ist ja auch der Sinn des Wettbewerbs, den „Hohe Auflösung“ gewonnen hat: Menschen aus Westeuropa sollen mehr über Osteuropa erfahren.
INKA: In „Hohe Auflösung“ gibt es sprechende Pistolen und Weingläser – warum arbeiten Sie mit solchen Elementen? Wie steht Surreales im Verhältnis zu konkreten politischen Statements?
Ternovyi: Die Hauptcharaktere sind ständig andere: Mal sind es Menschen, dann Objekte, dann wieder Menschen. Ein solches Experiment ermöglicht es dem Publikum, die Situation aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und tiefer ins Stück einzutauchen.
Michael Gmaj: Es gibt eine konsequent regierungskritische Szene. Die meisten Szenen gehen aber verspielt und eher versteckt mit Kritik an den politischen Verhältnissen um. Einmal versucht der Musiker Andrej, auszureisen, um Konzerte zu spielen. Da steht eine Mappe am Schalter, ein Stempel antwortet ihr und macht einen unglaublichen Aufwand, ein Visum auszustellen – hier wird spielerisch und humorvoll Kritik an der EU geübt, aber auch an der ukrainischen Regierung, die nicht bereit ist, weiter mit der EU zu verhandeln.
Premiere: Mo, 9.6., 19 Uhr, Badisches Staatstheater, Studio, Karlsruhe, ein Rahmenprogramm zum Thema Theater und Ukraine ist geplant
WEITERE BÜHNE & KLASSIK-ARTIKEL
Moving Shadows
Bühne & Klassik // Artikel vom 31.01.2026
Dieses weltweit gefeierte Theater des Kölner Ensembles Die Mobilés stellt nicht erst seit dem Gewinn bei „La France a un incroyable talent“, dem französischen „Supertalent“, 2012 in Paris alles in den Schatten!
Weiterlesen … Moving ShadowsAbba – Dancing Queen am Hotdog-Stand
Bühne & Klassik // Artikel vom 30.01.2026
Nach dem „Waterloo im Bällebad“ gibt’s die Übersteigerung.
Weiterlesen … Abba – Dancing Queen am Hotdog-StandPetronella Apfelmus
Bühne & Klassik // Artikel vom 25.01.2026
Als Familie Kuchenbrand mit ihren lebhaften Zwillingen Lea und Luis in die Nachbarschaft zieht, wird’s ungemütlich für die Apfelbaumhexe, die Hüterin des Gartens.
Weiterlesen … Petronella ApfelmusDialogues des Carmélites
Bühne & Klassik // Artikel vom 24.01.2026
In den Wirren der Französischen Revolution sucht die Adelstochter Blanche de la Force vergeblich Schutz im Kloster, wo sie mit 15 weiteren Schwestern den Märtyrerinnentod auf dem Schafott wählt.
Weiterlesen … Dialogues des CarmélitesBruchsaler Neujahrskonzert 2026
Bühne & Klassik // Artikel vom 18.01.2026
Entstanden 1887 bietet das letzte spätromantische Orchesterwerk von Brahms lyrische Melodiebögen bis hin zu Tänzen im ungarischen Ton.
Weiterlesen … Bruchsaler Neujahrskonzert 2026Breaking The Waves
Bühne & Klassik // Artikel vom 18.01.2026
Die freigeistige Bess lebt in einer tiefreligiösen Gemeinde an der Küste Schottlands.
Weiterlesen … Breaking The Waves3. Kammerkonzert
Bühne & Klassik // Artikel vom 18.01.2026
Eine ungewöhnliche Besetzung mit vier Violen und Cello biete das dritte Kammerkonzert.
Weiterlesen … 3. KammerkonzertKönig Kristina
Bühne & Klassik // Artikel vom 17.01.2026
Kristina von Schweden, die schon mit fünf Jahren Thronfolgerin wird, ist eine der radikalsten queeren Figuren des 17. Jh.
Weiterlesen … König KristinaMusik am Pariser & Istanbuler Hof
Bühne & Klassik // Artikel vom 12.01.2026
Osmanische und europäische Hofmusik im aufführungspraktischen Kontext.
Weiterlesen … Musik am Pariser & Istanbuler Hof